Mittwoch, 14. September 2011

Lem's Achtundzwanzigste Reise - Teil 5

Eintragung 116314.
Vetter Roland, der unser Rechnungswesen führt, hat große Sorgen. Gestern war ich Zeuge, wie er mühselig die bereits beförderten Verlobungsregistertonnen mit der Modifikation für den Verlust der Jungfernschaft berechnete. Während er schrieb, hob er plötzlich den Kopf und sagte: "Ein Mensch, wie das klingt!" Dieser Gedanke macht mich stutzig. Der kleine Pyzio, der im Raumschiff umherfliegt und f statt p spricht (Flanet statt Planet, dafür aber Planellhosen), hat, wie sich erst jetzt herausgestellt hat, eine Katze in den Behälter mit Soda geworfen, das uns den Kohlendioxyd absorbiert. Die arme Katze, sie ist in Sodadikatzat zerfallen.


Und hier enden die Auszüge, während die Reise noch weiter geht. Wer wissen will, wie es weitergeht, dem seien Lem's Sterntagebücher zur weiteren Lektüre empfohlen. Es lohnt sich.

Montag, 12. September 2011

Lem's Achtundzwanzigste Reise - Teil 4

Eintragung 116309.
Wir nähern uns der Lichtgeschwindigkeit. Eine Menge bisher unbekannter Phänomene. Etwas Sonderbares geschieht mit meinem Kopf. Ich erinnere mich, dass mein Vater Barnabas hieß, aber ich hatte auch einen anderen, Balaton mit Namen. Das ist wohl ein See in Ungarn. Ich muss das im Lexikon überprüfen. Ich beobachte, wie sich die Tanten auf den Quanten krümmen, ohne dass sie jedoch aufhören zu stricken. Auf dem III. Deck riecht es. Das Kind der Obrozys krabbelt gar nicht, es fliegt, indem es sich abwechselnd des vorderen und hinteren Abstoßes bedient. Wie wunderbar ist doch die biologische Anpassung des Organismus!


Und die Reise geht weiter ...

Samstag, 10. September 2011

Lem's Achtundzwanzigste Reise - Teil 3

Eintragung 116307.
Kurzer Aufenthalt auf dem Planteten der Rumtreiber. Vier Personen sind nicht an Bord zurückgekehrt. Beim Start linke Antriebsdüse verstopft. Befahl, sie durchzupusten. Der arme Patricius! In der Rubrik "Todesursache" habe ich eingetragen: "Zerstreutheit" - was sonst?


Und die Reise geht weiter ...

Donnerstag, 8. September 2011

Lem's Achtundzwanzigste Reise - Teil 2

Eintragung 116306.
Ich habe bemerkt, dass die Kinnpartien und die Stirnen bei einigen älteren Onkeln und Tanten zurückweichen. Ein Effekt der giroskopischen Rezession, eine Lorentz-Fitz-Gerald-Verkürzung oder die Folge von Zahnausfall und häufigen Stoßens mit der Stirn gegen die Spanten, wenn der Gong ertönt, der zu Tisch ruft? Wir rasen an einer beträchtlichen Nebelwolke entlang. Tante Barbarella hat unseren weiteren Kurs auf ihre Art gedeutet, aus dem Kaffeesatz. Ich habe die Berechnungen mit dem Elektrokalkulator überprüft - ein durchaus angenähertes Ergebnis!


Und die Reise geht weiter ...

Dienstag, 6. September 2011

Lem's Achtundzwanzigste Reise - Teil 1

Einer meiner Lieblingsschriftsteller ist der zwar schon tote aber literarisch unsterbliche Stanislaw Lem. Am 12. September diesen Jahres hätte er unter weniger widrigen Umständen seinen 90. Geburtstag feiern können. Als Zeichen meiner persönlichen Wertschätzung wie auch als Anregung an die ihn noch nicht Lesenden, möchte ich im September nacheinander einige Auszüge aus seinen großartigen Sterntagebüchern, namentlich aus der Achtundzwanzigsten Reise präsentieren:

Eintragung 116304.
Backbord ein Planet, der nicht auf den Karten vermerkt ist. Etwas später, während der Vesperzeit, ein Meteor, zum Glück ein kleiner, der uns drei Kammern durchschlagen hat - die Druckkammer, die Häftlingskammer und die Ausnüchterungskammer. Ich ordnete an, die Löcher zu zementerien. Beim Abendbrot fehlte Vetter Patricius. Gespräch mit Großvater Arabeus über die Unbestimmbarkeitsrelation. Was wissen wir eigentlich ganz gewiss? Dass wir als junge Leute von der Erde abgereist sind, dass wir unser Schiff "Kosmozyste" genannt haben, dass der Großvater und die Großmutter zwölf andere Ehepaare an Bord genommen haben, die heute schon eine durch die Bande der Blutsverwandtschaft geeinte Familie bilden. Ich mache mir Sorgen wegen Patricius - auch die Katze ist irgendwohin verschwunden. Ich habe einen positiven Einfluss des Gravitationsmangels auf Plattfüße bemerkt.


Und die Reise geht weiter ...